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Klatschweib

Eine Wortstudie

Wo zwei oder drei Menschen, vornehmlich weiblichen Geschlechts, beisammen sind, da ist es mitten unter ihnen. Das Klatschen.

Mit diesem Klatschen ist nicht die Bedeutung gemäss Duden Definition 2 a) gemeint, wo steht: die Innenflächen der Hände [wiederholt] gegeneinanderschlagen, sondern die Definition 4 a): in geschwätziger Weise [über nicht Anwesende] reden.

Wie oft habe ich selbst in der Nicht-Anwesenheit einer Person meine Sätze folgendermassen angefangen: „Hast du gesehen, wie der … ?“ oder „Kannst du glauben, dass die … ? Imfall!“
Wie vertraut bin ich mit meinem klatschenden Ich und möchte ihm ab und zu gerne eine klatschen  gemäss Definition 3 a): mit der flachen Hand klatschend schlagen.

Mein inneres Klatschweib wird nämlich in der Regel von drei Motoren angetrieben:

  1. Unzufriedenheit: „Andere jetten rund um die Welt und schwimmen im Roten Meer, während ich knietief durch die Spielsachen im Wohnzimmer wate.“
    Oder: „Berufskolleginnen hauen pro Jahr ein Buch raus und ich kann mir während Monaten kaum einen vernünftigen Satz aus dem Ärmel leiern.“
  2. Langeweile und die Sensationsgeilheit, die daraus resultiert: Aus Zwecken der Unterhaltung hechele ich mit anderen den gesamten gemeinsamen Bekanntenkreis durch. Frau möchte ja informiert sein!
  3. Minderwertigkeitskomplexe: Es gibt Tage, da schreit die Liste meiner Unfähigkeit als Hausfrau und Mutter nicht nur zum Himmel, sondern sie reicht auch bis dahin.
    „Schnell! Reden wir doch darüber, was alle anderen falsch machen, dann fühle ich mich besser.“ Für eine Sekunde oder so.

Wenn ich glaube, das klatschende Biest endlich weggesperrt zu haben, gerate ich gewiss in ein Kuddelmuddel unzufriedener Frauen. Und wie so oft gehen mir erst die Augen bzw. die Ohren auf, wenn ich es von anderen höre.

Meine Seele übergibt sich dann ein kleines bisschen und ich möchte die Faust auf den Tisch klatschen  gemäss Definition 1 a): ein [helles] schallendes Geräusch durch das Aufschlagen von etwas [weichem] Schwerem auf etwas Hartes von sich geben.

Ach, hätte ich doch dann den Mut, in die Runde zu schreien: „Mädels! Echt jetzt? Haben wir es nötig? Wenn ich uns anschaue, sind wir, jede auf unsere eigene Art wunderschön, haben tolle Charakterstärken und einzigartige Fähigkeiten.“

Und ich möchte mit Schwung die Liste ausrollen, die ich mir selbst immer lese:

  • Fokussiere deine Kreativität auf deine eigenen Stärken! Wenn dir keine einfällt, frag eine Person, die dir nahe steht, oder gehe zum Coach.
    (Der Motor der Unzufriedenheit fällt aus.)
  • Worin bist du bereits gut? Setze alles daran, darin hervorragend zu werden! Vertiefe diese Fähigkeiten und verfeinere sie! Plötzlich hast du keine Zeit mehr, wie ein Geier auf das Leben anderer zu starren und jede Bewegung zu beurteilen.
    (Der Motor der Langeweile verabschiedet sich.)
  • Lebe deine Begabung nach deiner Kraft an deinem Platz aus, und vergleiche dich nicht mit Madame XY und Mister Der-Sowieso-Alles-Besser-Kann!
    (Der Motor der Minderwertigkeitskomplexe sagt Ade.)

Anstatt Schlechtes zu reden, möchte ich lieber ein Klatschweib nach der Definition 2 c) sein: Durch Klatschen seine Zustimmung, Begeisterung ausdrücken; applaudieren.

Ich applaudiere an dieser Stelle bewusst für andere Frauen: meine Mutter, meine Töchter, meine Schwestern, meine Freundinnen, Arbeitskolleginnen, Nachbarinnen und verneige mich vor ihren Fähigkeiten.

So klatsche ich nämlich am liebsten. Und wie klatschst du?



„Die Menschen haben es gelernt, wilde Tiere, Vögel, Schlangen und Fische zu zähmen und unter ihre Gewalt zu bringen. Aber seine Zunge kann kein Mensch zähmen. Ungebändigt verbreitet sie ihr tödliches Gift. Mit unserer Zunge loben wir Gott, unseren Herrn und Vater, und mit derselben Zunge verfluchen wir unsere Mitmenschen, die doch nach Gottes Ebenbild geschaffen sind. Segen und Fluch kommen aus ein und demselben Mund. Aber genau das darf nicht sein! Fliesst denn aus einer Quelle gleichzeitig frisches und ungeniessbares Wasser?“

Die Bibel in Jakobus 3, 7-10

Photo by Ben White on Unsplash

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