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Die Vogelbeerdigung

Photo by Zoya Loonohod on Unsplash
English Version below

Heute will ich gemeinsam mit den Kindern den Hamsterkäfig reinigen. Nachdem wir alles ausgebreitet haben, entdecken wir neben der Fensterscheibe eine kleine Kohlmeise, die mit gebrochenem Genick mausetot im Gras liegt.

Meine fast Sechsjährige ist am Boden zerstört. Sie steht zehn Minuten am Fenster und heult: „Vögeli… Vögeli… Vögeli…“ und lässt sich durch nichts beruhigen.

Inspiriert von einem Buch, das ich kürzlich gelesen habe (wohlgemerkt: es war ein Roman und kein Ratgeber), lesen wir den Vogel vorsichtig auf, pilgern an den zahlreichen Haufen vorbei, die die Nachbarskatzen hinterlassen haben, und betten den Vogel im Kompost zur letzten Ruhe. Den gebrochenen Körper umrahmen wir mit zwei Blümelein und den Vogelzeichnungen, die die Kinder extra anfertigen.

Wir sprechen ein Gebet, sagen ein paar nette Dinge über den armen, schönen Vogel und singen inbrünstig: „Alle Vögel sind schon da“ und „So nimm denn meine Hände“. Dann rezitieren wir einen Bibelvers über Spatzen und erörtern die essenzielle Frage: „Warum müssen wir sterben?“

Anschliessend widmen sich die Kinder wieder ihrem Spiel und der Kessel ist geflickt. Ich putze den Hamster-Käfig fertig und frage mich kurz, was hier los sein wird, wenn dieses geliebte Haustier mal das Zeitliche segnet…

„Welchen Wert hat schon ein Spatz? Man kann zwei von ihnen für einen Spottpreis kaufen. Trotzdem fällt keiner tot zur Erde, ohne dass euer Vater davon weiss. Bei euch sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt. Darum habt keine Angst! Ihr seid Gott mehr wert als ein ganzer Spatzenschwarm.“
Matthäus 10 29-31

Today, I want to clean the hamster cage together with my kids. After we have prepared everything we spot a dead bird in the grass. It probably flew into the window and broke its neck.
My almost six-year-old stands at the window and sobs uncontrollably: “Birdie … birdie … birdie …” For about ten minutes she can’t be comforted.

Inspired by a book I read recently (it should be noted that it was a novel and not a how-to-book) we take the birdie gently into our hands, navigate ourselves along the numerous piles of neighbour cat’s poop to the compost where we prepare the animal’s last bed. We frame the broken body with two flowers. The kids draw something for the bird.

We say a prayer and some nice things about that poor little fellow and sing two wonderful songs. We recite a bible verse about sparrows and discuss an essential question: “Why do we have to die?”


After that the kids go back to play and I go back and clean the hamster cage. Wondering briefly what will happen when that beloved pet is going to depart from this life….

“Are not two sparrows sold for a penny? Yet not one of them will fall to the ground apart from the will of your Father. And even the very hairs of your head are all numbered. So don’t be afraid; you are worth more than many sparrows.”

Matthew 10, 29-31

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Achtung! Einbrecher!

Es ist 10 Uhr morgens. Die Türglocke bimmelt. Aus dem Spiel mit meinen Kindern aufgeschreckt, eile ich zur Tür und öffne sie.

Draussen steht ein junger Mann. Dicke Jacke, langer rotbrauner Pferdeschwanz, dezenter Nasenring, umwerfend sympathisches Lächeln, schwarze Mappe unterm Arm.

Was kommt jetzt?, frage ich mich. Putzmittel? Panda-Patenschaft? Perfekte Religion? Als könne er Gedanken lesen, sagt er hastig: „Ich verkaufe nichts.“

Er weist sich als Angestellter einer Sicherheitsfirma aus. Beratungen zur Einbruchsicherheit. Denn es ist ja November – sprich Einbruchzeit. Mit einem Papier wedelt er vor meiner Nase herum: Unser Quartier ist mit Rotstift als besonders einbrecherfreundlich gekennzeichnet. Kann man auch online nachschauen, sagt er, auf der Webseite des Bundesamts für Irgendwas.

Macht mich auch gleich auf zwei Dinge im Eingangsbereich aufmerksam, die auf Einbrecher einladend wirken, sollte es sie nach unserer Residenz gelüsten. „Nur 100 Franken … nicht dass sie nachher sagen, hätte ich doch nur …“ Er verstehe ja, wenn man Angst hätte, mit zwei kleinen Kindern zu Hause, da ist ja ein Sicherheitsbedürfnis da. Ob er mit mir einen Termin ausmachen könne …

Bei seinen Worten klingt eine Saite in mir an, mein Mutterinstinkt meldet sich. Wenn ich nachts erwache und meine schlafverwirrten Gedanken mit meiner dramatischen Fantasie Tango tanzen. Ein Irrer schleicht in unser Haus, beraubt mich meiner Würde, meiner Familie. So liest man es ja auch täglich in den Medien.

Erinnere mich an die Panikattacke, als ich in einer der kriminellsten Städte Afrikas umherirrte – im Dunkeln. Jung, weiblich, weiss und allein.

Die nackte Angst, als ich dreimal am Bett eines Familienangehörigen stand – in der Intensivstation, Überlebenschancen nicht garantiert.

Sammle in Gedanken wieder meine schreiende Tochter am Ende der Treppe auf, weil sie mitsamt dem Sicherheitsgitter die Kellertreppe runtersurfte und kopfüber in die Holztür donnerte.

Die Paranoia, als in der Stadt unser Nachbarhaus lichterloh brannte. Angst wohnt gleich um die Ecke.

Ich schaue dem Mann ruhig ins Gesicht, sage ihm fest: Toll, dass es eine Firma wie seine gibt. Dass seine Arbeit unglaublich wichtig ist. Dass ich versuche, wenig leichtsinnig zu sein. Und dass ich ihm viel Erfolg wünsche …

Danke, lächelt er mich umwerfend sympathisch an. Erfolg hat er. Es gibt viele, die mitmachen, sein Terminkalender überquillt. Glaube ich ihm gern. Er winkt mir zu und stiehlt sich davon.

Im Stillen entschliesse ich mich dazu, mein Bargeld ab sofort im Garten draussen zu vergraben – zwischen den beiden Komposthaufen – gut zu finden, sollte ich es brauchen. Auch das Schild „Einbrecher, bitte hier rein!“, schraube ich von der Haustür ab. Meinen Laptop lege ich ab sofort jeden Abend ins WC-Schränkchen und mein Smartphone lade ich nur noch an der Steckdose im Kühlschrank auf.

Aber eins werde ich nicht tun: Ich werde meine Knie nicht vor der Angst beugen. Niemals.

 

Was sagt eigentlich die Bibel über Angst?

„Ich kann beruhigt einschlafen und am Morgen in Sicherheit erwachen, denn der HERR beschützt mich. Ich fürchte mich nicht vor meinen Feinden, auch wenn sie mich zu Tausenden umzingeln.
HERR, von dir kommt Rettung und Hilfe.“ Psalm 3, 6-7 und 9a (HfA)

 

Photo by W A T A R I on Unsplash

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Gibt es einen Band 3? – Bittersüße Schokolade!

Immer wieder ereilt mich die Anfrage, ob ich Annas, Kephas‘ und Adonis‘ Geschichte weitererzählen werde. Und hier teile ich mich, dass Band 3…

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Warum Holländisch?

„Warum wurde dein Buch ausgerechnet auf Holländisch übersetzt?“, ist eine Frage, die ich schon oft gehört habe.

Mein erstes Buch „Die Kreuzträgerin“ heisst auf Holländisch „De Kruisdraagster“. Als ich vom Schreiben träumte, hätte ich mir niemals auszumalen gewagt, dass mein Buch von Menschen gelesen wird, deren gesprochene Sprache ich nicht verstehe.

Nun gut, ein bisschen ist sie ja schon zu verstehen, diese Sprache, die so familiär in den Ohren klingt, von der man aber, wenn man etwas genauer hinhört, den Sinn trotzdem nicht erfasst.

Ich durfte die Niederlande schon viermal besuchen. Ich hab eine einheimische Freundin dort, die ich in Kenia kennen gelernt habe und eine Schweizer Freundin, die einen Holländer geheiratet hat und nun auch in dem Land wohnt, deren höchste natürliche Erhebung 300 Metern über Meer liegt.

Sie waren immer sehr abenteuerlich, diese Reisen ins Land der Toleranz und der landschaftlichen Weite. Es ist schon zehn Jahre her, als ich mit einer Freundin am Samstagmorgen die Taschen packte, mit dem Auto los düste, eine Hardcore-Sightseeing-Tour veranstaltete und am Sonntagabend spät wieder nach Hause zurückkehrte, um am Montag wieder arbeiten zu gehen. (Und nein, ich will keine Sprüche über Benzinverschwendung hören. Diese Geschichte erzähl ich noch meinen Grosskindern. Sie bleibt unvergessen unter dem Titel: „Das Wochenende, an dem wir nach Holland düsten.“)

So apart die Sprache ist („Zwiebel“ heisst z.B. „ui“) so herzlich und offenherzig sind die Menschen. Sie sind direkt, geradeaus, ehrlich, klar, wie der Himmel über dem Meer, das sie sich mit Dämmen vom Hals halten. Wenn ich die Augen schliesse, sehe ich immer noch so weit das Auge reicht: Das Weideland, die Pappeln, die Windräder zur Stromgewinnung. Für uns Schweizer, die in engen Tälern und Bergen eingesperrt sind, entfaltet sich ein fremder und doch so wundervoller Anblick. Das Land des Wassers und des Windes. Das Land der majestätischen, königlichen Bauten und den Häusern aus dunkelbraunem Backstein.

Aber um nun die Frage zu beantworten, weshalb mein Buch auf Holländisch übersetzt wurde: Mein Verlag setzte sich dafür ein, dass ein holländischer Verlag mein Manuskript liest. Die meisten Niederländer sind der deutschen Sprache mächtig. Deshalb konnten sie es auf Deutsch prüfen und bewilligen. Was zu meiner grossen Freude geschehen ist.

„Warum übersetzen sie dein Buch denn nicht auf Englisch?“, fragt mich immer mal jemand. Ich glaube, weil meinen Träumen zuerst noch grössere Hoffnungsflügel wachsen müssen. Und weil ich noch niemals in England war.

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Fernweh

Es singt in meinem Blut das Fernweh. Die Sehnsucht von zu Hause aufzubrechen, die Tür zu schliessen, den Alltag hinter mir zu lassen und neue Gefilde zu erobern.

Es liegt schon seit Geburt in meinem Blut. Meine Eltern waren in New York und

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Neuanfänge

Neuanfang – dieses Wort verbindet man normalerweise nicht mit dem Frühherbst – dieser befremdenden Jahreszeit: Wenn sich die Natur unter einer Decke von grauem Nebel schlafen legt, wenn die Blätter an den Bäumen erblassen