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Aktuell Alltag Life

Fassade

In den letzten Tagen und Wochen sind mir einige Menschen über den Weg gelaufen. Wobei man sich ja nicht mehr über den Weg laufen darf. Und deshalb muss ich korrekterweise sagen: Ich habe von ihnen gehört und gelesen.

Da gibt es die Corona-Verunsicherten: „Ich habe Schnupfen. Darf ich jetzt noch einkaufen gehen?“

Die Corona-Leugner: „Die Massnahmen des Bundes sind alle komplett übertrieben.“

Die Steigerung der Corona-Leugner sprich die Corona-Verschwörungstheoretiker: „Das ist alles nur ein Pakt der Klimaschützer! Das Virus wurde im Labor gezüchtet und von den Amerikanern bzw. den Chinesen auf die Menschheit losgelassen.“ (Das ist meine Lieblingsvariante. Darüber möchte ich gerne einmal einen Science-Fiction-Roman schreiben.)

Die Corona-Angsthasen: „Ich lebe von nun an unter meinem Bett. Wir sehen uns frühestens in vier Wochen wieder.“

Die Corona-Fatalisten: „Schlussendlich kommt es mir nicht so drauf an, was mich in den Himmel befördert. Wenn meine Zeit gekommen ist, dann ist sie gekommen.“

Die Corona-Abgebrühten: „Corona? Was ist das? Ich kann mich noch an die Lebensmittelmarken im Zweiten Weltkrieg erinnern!“

Die Corona-Hardcore-Psalm-91-Beter: „Selbst wenn die Pest im Dunkeln zuschlägt, und am hellen Tag das Fieber wütet, musst du dich doch nicht fürchten.“

Die Corona-Unheilspropheten: „Das wird alles noch viiiiel schlimmer.
60 – 70 % der Bevölkerung werden sich infizieren und davon werden 5 % sterben.“

Die Corona-Besserwisser: „Nein, es sind nicht 5 %, sondern 4,4 %.“

Die Corona-Jammerlappen: „Die Welt ist schlecht. Und mir geht’s gerade auch so richtig schlimm.“

Die Corona-Aktivisten: „Wie und wem kann ich jetzt helfen?“

Die Corona-Optimisten: „Aus dem allem, werden wir als bessere Menschen hervorgehen.“

Die Corona-Mutmacher: „Kopf hoch! Alles geht vorbei! Auch Corona!“

Die Corona-Wutbürger: „Die Regierung hat’s voll nicht im Griff. Sie hätten die Massnahmen viel früher / später ergreifen sollen.“ (Nicht Zutreffendes bitte durchstreichen.)

Die Corona-Selbstgerechten: „Was sind das bloss für Asoziale, die jetzt noch vor die Haustür gehen???“

Die Corona-Selbstinszenierer: „Ich poste tausend Fotos von mir, wie ich zu Hause bleibe und meeeeega Spass dabei habe.“

Die Corona-Kreativen: „Endlich habe ich genug Zeit, um meine lang liegengebliebenen Herzens-Projekte auszuführen.“

Vermutlich gibt es noch viel mehr Kategorien, welche ich bewusst etwas überzeichnet habe. So vielfältig wir sind, so unterschiedlich gehen wir mit der Krise um.

Aber ich möchte nicht an einer Schubladisierung hängenbleiben, sondern etwas in die Tiefe gehen. Aus diesem Zweck starte ich ein Experiment. Machst du mit?

Ich suche mir eine der obigen Kategorien aus, die am ehesten auf mich zutrifft. Bei mir ist das zum Beispiel „Die Corona-Verunsicherte“. (Das zuzugeben tut mir am wenigsten weh!)

Siehst du dich selbst auch in einem oder zwei dieser Kategorien? Dann triff mal deine Wahl! Hast du’s? Gut!

Jetzt nehmen wir nämlich einen Stift und streichen bei jeder Kategorie das Wort Corona durch.

Corona-Verunsicherte

Corona-Leugner

Corona-Verschwörungstheoretikerin

Corona-Angsthase

Corona-Fatalistin

Corona-Abgebrühter

Corona-Hardcore-Psalm-91-Beterin

Corona-Unheilsprophet

Corona-Besserwisserin

Corona-Jammerlappen

Corona-Aktivistin

Corona-Optimist

Corona-Mutmacherin

Corona-Wutbürger

Corona-Selbstgerechte

Corona-Selbstinszenierer

Corona-Kreative

Und? Trifft die Bezeichnung immer noch auf dich zu?

Wenn du in den Spiegel schaust: Hast du den Mut, zuzugeben: Ja, ich bin verunsichert. Ja, ich habe Angst. Nein, ich traue der Regierung nicht. Ja, ich bin selbstgerecht.

Nebst dem, was dieses Coronavirus alles zerstört, es zerlegt auch systematisch die Fassade, die wir schon lange und so sorgsam um uns herum aufgebaut haben, und hinter der wir uns so lange verstecken konnten.

Wir kleisterten Farbe und Blumenschmuck über unsere hässlichen Charakterzüge. Ein Lächeln über ein weinendes, zerbrochenes Herz. Wir sagten: „Danke, es geht mir gut“, obwohl wir lieber schreien wollten. Wir grüssten einander freundlich, obwohl wir uns am liebsten die Meinung gegeigt hätten. Wir heuchelten Bescheidenheit, obwohl wir endlich aus unserem engen Käfig ausbrechen wollten. Wir versteckten Zorn, Trauer, üble Gedanken, Stolz oder sogar Talente.

So stolzierten wir durch die Lande, bis das Virus kam, und uns zeigt, wie dünn eigentlich der Firnis ist, den wir zur Schau tragen. Unsere echten Empfindungen streben in Windeseile an die Oberfläche. Der Lack ist ab. Und was geschieht jetzt?

Der Blick in den Spiegel mag schmerzhaft sein, aber es ist nicht das Ende der Geschichte. Es geht weder darum, sich für die eigenen Schwächen zu verdammen oder die Stärken zu verleugnen.

Wenn wir innehalten und uns ehrlich betrachten, kann es auch eine Chance sein. Eine Chance loszulassen, sich verletzlich zu machen, Mangel zuzugeben, zuzulassen heil und ganz zu werden. Oder sich wenigstens auf die Suche nach Hilfe und Antworten zu begeben.

Kann aus einem Angsthasen eine mutige Löwin werden? Oder aus einem Unheilspropheten, jemand, der auf Gott vertraut? Wird aus einer Leugnerin, eine Frau, die furchtlos der Realität ins Auge blickt? Kann aus einem Selbstinszenierer, jemand werden, der die Bedürfnisse der Menschen um sich herum wahrnimmt? Kann aus dem Sieben-Tage-Regenwetter-Pessimisten, jemand werden, der Hoffnung verbreitet?

Ich glaube: Ja!

Meine Kräfte möchte ich nicht mehr darauf verwenden, die Fassade aufrecht zu erhalten und vor anderen gut dazustehen. Stattdessen möchte ich mich auf die guten Dinge zu konzentrieren, die in mir schlummern. Der Optimismus, das Kreative, das Gottvertrauen, der kühle Kopf, die Mutmacherin, die Hoffnungsträgerin.

Denn eines Tages wird Corona aus unserem Alltag gestrichen sein. Das, was zurückbleibt, ist entscheidend.

Photo by Erik Eastman on Unsplash

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Alltag Life This I believe

This I believe-Das glaube ich

Ich bin Christin. Was bedeutet das heutzutage? Was bedeutet es für mich?

Wenn ich mich zum Christentum bekenne, stelle ich mir die Frage: Was ist eine Christin überhaupt?

Das Wort „Christin“ kommt vom Namen Jesus Christus, dem Gründer und Zentrum des Christentums. Wenn ich sage, ich bin Christin, dann bin ich eine Nachfolgerin von besagtem Christus.

Was bedeutet es, eine Nachfolgerin von Christus zu sein? Ich möchte tun, was er sagt.

Wie finde ich heraus, was er sagt? Ist es so, dass Gott heute noch spricht? Oder ist das Ganze nur ein fauler Zauber?

In der Öffentlichkeit wird das fundamentale Christentum oft abgehandelt. Diese Christen, von denen die Medien sprechen, sind in der Regel altmodisch und im Allgemeinen eher intolerant und lust- und lebensfeindlich dargestellt.

Ich muss zugeben, wenn ich solche Artikel lese, zieht sich manchmal mein Magen zusammen, mein Herz klopft hektisch, ich kriege Schweissausbrüche und bleibe dann ratlos und verwirrt zurück.

Was hier in diesem Bericht steht, bin doch nicht ich!, denke ich. Oder etwa doch?

Ich bin Christin. Aber heisst das jetzt, dass ich homophob bin? Darf ich liberale Feministin sein oder muss ich patriarchalische Gesetzlichkeit unterstützen? Vermittle ich meinen Kindern eine restriktive Sexualerziehung? Oder propagiere ich die Freiheit in allem?

Wo positioniere ich mich? Zu was bekenne ich Farbe?

Und: Muss ich das überhaupt???

Ist das Christentum eine blosse Abfolge religiöser Handlungen und sturer Meinungen? Oder reicht der Glaube bis in den Kern meines Seins und Alltags?

Dies leitet mich zu der Frage: Was glaube ich eigentlich?

Was bringt mich dazu, als klar und vernünftig denkender aufgeklärter Mensch, den Glauben meiner Vorfahren nicht fortzuwerfen, sondern mich zu ihm zu bekennen?

Was ist Glaube überhaupt?

Mein Glaube ist das Überzeugtsein von etwas, das ich nicht sehen kann. Er ist eine Mischung zwischen empfundener Emotion und Resultat langer Überlegungen. Es ist eine Zusammensetzung aus Prägung und eigener Erfahrung.

Glaube ist persönlich und so individuell wie ein Fingerabdruck.

In nächster Zeit möchte ich auf diesem Blog unter anderem über den Glauben schreiben. Es geht nicht um eine Verteidigungsschrift oder ein Manifest. Sondern meine Bestandsaufnahme.

Was glaube ich? Warum glaube ich? Was hält den Stürmen des Lebens stand? Was bleibt fest, wenn die Angst alles um mich herum pulverisiert? Wofür schäme ich mich nicht?

Was bedeutet der christliche Glaube heute? Was bedeutet er für mich?
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Photo by Steve Halama on Unsplash

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Blog Life Reise

Die Welle bricht

Ein fernes Donnern drang an mein Ohr, als ich im tropischen Wald auf Maui vorwärtsstapfte und durch die letzten Büsche brach. Der Strand ergoss sich zu meinen Füssen. Mannshohe türkisfarbene Wogen bäumten sich vor mir auf und krachten auf die Schelfkante der Inselkette Hawaii. Sie schäumten auf den Sand, kräuselten sich spielerisch um meine Zehen. Reizten, lockten mich.

Das Meer rief. Ich schnappte mir ein Boogie-Board und antwortete.

Zum ersten Mal in meinem Leben bekam ich die Naturgewalt Wasser in diesem Ausmass am eigenen Körper zu spüren. Nach der besten Welle hielt ich Ausschau, paddelte wie eine Verrückte mit ihr im Einklang und zelebrierte das Hochgefühl, als mich die Wassermengen mit sich rissen in bisher unbekannte Höhen. Ein Jauchzen entrang sich meiner Kehle.

Dann brach der Wellenkamm, saugte mich hinein, schleuderte, wirbelte mich herum, bis ich die Orientierung verlor, drückte, zog und zerrte an mir und warf mich dann mit voller Wucht auf den Sandstrand. Ich blieb für eine Sekunde liegen, krabbelte wie eine Wilde auf der Flucht vor der nächsten herandonnernden Welle davon. Ich atmete auf, als ich ihr entkam und nur ihre Ausläufer um meine Knöchel tanzten, säuselten und schäumten.

Lachend fischte ich nach dem Boogie Board und rannte zurück ins Meer. Ein Rausch ergriff mich. Immer wieder stürzte ich mich ins Meer, bis ich Stunden später erschöpft mit sicherem Abstand vor den Wellen in den trockenen Sand sank. Es fühlte sich an, als hätte ich Muskeln gezerrt, einige Knochen gestaucht und viel Hautfläche abgeschürft. Drei Tage später hustete ich noch Sand ab, aber das Erlebnis hatte sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt.

In den letzten sechs Jahren schien mir das Leben wie der donnernde Pazifik. Im Januar 2014 wurde ich Mutter, im Mai 2014 dreissig und im November 2014 publizierte Autorin. Was für ein Wellenkamm!

Dann ging es Schlag auf Schlag. Ein Buch, ein Kind, ein Buch, ein Kind, ein Buch. Mein Leben war plötzlich ein Wirbel aus Salzwasser und Sand. Ich schwamm oben auf, bei kreativen Energieräuschen und herzerwärmenden Fortschritten der Kinder. Ich verlor die Orientierung in chronischem Zeitmangel und ungezählten schlaflosen Nächten. Wurde von bisher unbekannten Naturgewalten hin und her und rundherum gezerrt, gedrückt, gezogen und gestaucht. Es gab Monate, die sind heute in meiner Erinnerung bloss ein Gischtnebel.

Mütter fragten mich: „Wie schaffst du es, neben dem Muttersein noch zu schreiben?“ Autorinnen fragten mich: „Wie schaffst du es, neben dem Schreiben Mutter zu sein?“
„Ich weiss es nicht!“, habe ich gesagt.

Ich weiss es auch heute noch nicht. Vielleicht war es ein Wunder. Ein Wahnsinns-Wunder. Vielleicht war es auch nur Wahnsinn.

In der Waschmaschine des Lebens war ich gefangen, bis mich das Ende des letzten Buchs meiner Trilogie, „die Heldendämmerung“, auf den Strand der Erschöpfung warf.

Da lag ich im Sand, während ich zuschaute wie das Meer das Boogie-Board meiner Kreativität mit sich fortzog.

Ich wollte mich aufraffen, das Board wieder packen, und mich zum nächsten Wellenritt aufmachen. Aber ich konnte meine geschundenen Knochen kaum rühren.

Aus Tagen wurden Wochen, aus Wochen Monate. Das Meer umtänzelte mich, wollte mich wieder mit sich ziehen. Doch ich wandte mein Gesicht ab und dachte: „Sei doch still! Ich kann nicht meer.“ Eines Tages fand ich die Kraft vom tobenden Ozean wegzukriechen, ein lauschiges Schattenplätzchen im Wald zu suchen. Nur noch dem Donnern lauschte ich und hustete kräftig Sand ab.

Und schliesslich taten die Gezeiten das Ihre dazu. Der Lockruf des Meeres erreichte wieder mein Herz und nicht nur mein Ohr. Langsam griff ich nach meinem Boogie-Board und setzte einen Fuss vor den anderen, bis ich wusste: Mein Wunsch zu schreiben ist stärker als die Erschöpfung.

Ich weiss nicht, wo du jetzt gerade stehst im Leben. Reitest du auf einem Wellenkamm und alles fällt dir zu? GENIESSE ES!

Wirbelt dich die Welle des Lebens so richtig durcheinander und weisst du nicht, wo oben und wo unten ist? HALTE DURCH! Hilfe ist unterwegs! Du wirst nicht ertrinken.

Fühlst du dich, als hätte dich das Meer des Lebens so richtig auf den Strand der Erschöpfung gekotzt? Komme zur Ruhe, huste Sand ab und wenn die Kraft wieder zurückkehrt: STEH AUF, pack dein Boogie Board und setze einfach einen Schritt vor den anderen! Das Abenteuer des Lebens wartet auf dich!

Das Foto entstand im Juni 2015 am Big Beach, Maui, Hawaii.

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Allgemein Life

Initiative

English version below

Es mag eine Herausforderung sein, Initiative zu ergreifen. Besonders, wenn es im Persönlichkeitsprofil nicht zuoberst steht.

Wenn man etwas Neues beginnt, etwas erschafft, hält man seinen Kopf zum Fenster raus, exponiert sich – und man erhält automatisch eine Reaktion von seinem Umfeld. Höchstwahrscheinlich auch noch Kritik. Denn es ist so viel einfacher, etwas Bestehendes zu kritisieren, als etwas Neues zu schaffen.

Veranschaulicht wird das mit dem Bild eines Babys. Zuerst lernt es, bereits Gebautes einzureissen; es bedarf einer grösseren Fähigkeit, selbst Bauklötze zu einem Gebäude aufzutürmen.

Deshalb – so habe ich herausgefunden – ist es am besten, wenn man alles aus Begeisterung oder gar Leidenschaft schafft, und nicht, um anderen zu gefallen.

Der Plan und die Ausführung müssen nicht perfekt sein. An allem, was man schafft, soll man lernbereit bleiben.

Deshalb meine Herausforderung für 2020:

  • Ergreife die Initiative!
  • Erschaffe etwas Neues!
  • Halte den Kopf aus dem Fenster! Trau dich! Und lasse dir den Wind des Lebens um die Ohren pfeifen!
  • Wandle Kritik in Wachstum um!
  • Und wenn niemand mitmacht? Gehe ein Stück deines Weges allein, und freue dich selbst an dem, was du geschaffen hast!

Alles Gute fürs neue Jahrzehnt 2020-2030!!!

It might be a big challenge to take initiative. Especially, if “being pro-active” is not on top of your personality profile list.

If you start something new – create something – you stick your neck out and expose yourself. And automatically you get a reaction from the outside world. Highly probable it is criticism.

It is so much easier to criticize something which is already there, instead of creating something new.

We see this so clearly in children. First they learn to destroy things which are already built. They need to improve their skills to pile up towers and houses with building bricks by themselves.

I found out that it is best to create everything out of enthusiasm and passion, and not to please others.

The plan and execution don’t have to be perfect. Stay willing to learn on everything to do.

Here is my challenge for 2020:

  • Take initiative!
  • Create something new!
  • Stick your neck out!
  • Turn criticism into growth!
  • What if nobody cares? Walk a part of the road alone and enjoy everything you created!

HAPPY NEW DECADE 2020-2030!!!

Photo by Jingda Chen on Unsplash

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Aktuell Allgemein Alltag Blog Life

Klatschweib

Eine Wortstudie

Wo zwei oder drei Menschen, vornehmlich weiblichen Geschlechts, beisammen sind, da ist es mitten unter ihnen. Das Klatschen.

Mit diesem Klatschen ist nicht die Bedeutung gemäss Duden Definition 2 a) gemeint, wo steht: die Innenflächen der Hände [wiederholt] gegeneinanderschlagen, sondern die Definition 4 a): in geschwätziger Weise [über nicht Anwesende] reden.

Wie oft habe ich selbst in der Nicht-Anwesenheit einer Person meine Sätze folgendermassen angefangen: „Hast du gesehen, wie der … ?“ oder „Kannst du glauben, dass die … ? Imfall!“
Wie vertraut bin ich mit meinem klatschenden Ich und möchte ihm ab und zu gerne eine klatschen  gemäss Definition 3 a): mit der flachen Hand klatschend schlagen.

Mein inneres Klatschweib wird nämlich in der Regel von drei Motoren angetrieben:

  1. Unzufriedenheit: „Andere jetten rund um die Welt und schwimmen im Roten Meer, während ich knietief durch die Spielsachen im Wohnzimmer wate.“
    Oder: „Berufskolleginnen hauen pro Jahr ein Buch raus und ich kann mir während Monaten kaum einen vernünftigen Satz aus dem Ärmel leiern.“
  2. Langeweile und die Sensationsgeilheit, die daraus resultiert: Aus Zwecken der Unterhaltung hechele ich mit anderen den gesamten gemeinsamen Bekanntenkreis durch. Frau möchte ja informiert sein!
  3. Minderwertigkeitskomplexe: Es gibt Tage, da schreit die Liste meiner Unfähigkeit als Hausfrau und Mutter nicht nur zum Himmel, sondern sie reicht auch bis dahin.
    „Schnell! Reden wir doch darüber, was alle anderen falsch machen, dann fühle ich mich besser.“ Für eine Sekunde oder so.

Wenn ich glaube, das klatschende Biest endlich weggesperrt zu haben, gerate ich gewiss in ein Kuddelmuddel unzufriedener Frauen. Und wie so oft gehen mir erst die Augen bzw. die Ohren auf, wenn ich es von anderen höre.

Meine Seele übergibt sich dann ein kleines bisschen und ich möchte die Faust auf den Tisch klatschen  gemäss Definition 1 a): ein [helles] schallendes Geräusch durch das Aufschlagen von etwas [weichem] Schwerem auf etwas Hartes von sich geben.

Ach, hätte ich doch dann den Mut, in die Runde zu schreien: „Mädels! Echt jetzt? Haben wir es nötig? Wenn ich uns anschaue, sind wir, jede auf unsere eigene Art wunderschön, haben tolle Charakterstärken und einzigartige Fähigkeiten.“

Und ich möchte mit Schwung die Liste ausrollen, die ich mir selbst immer lese:

  • Fokussiere deine Kreativität auf deine eigenen Stärken! Wenn dir keine einfällt, frag eine Person, die dir nahe steht, oder gehe zum Coach.
    (Der Motor der Unzufriedenheit fällt aus.)
  • Worin bist du bereits gut? Setze alles daran, darin hervorragend zu werden! Vertiefe diese Fähigkeiten und verfeinere sie! Plötzlich hast du keine Zeit mehr, wie ein Geier auf das Leben anderer zu starren und jede Bewegung zu beurteilen.
    (Der Motor der Langeweile verabschiedet sich.)
  • Lebe deine Begabung nach deiner Kraft an deinem Platz aus, und vergleiche dich nicht mit Madame XY und Mister Der-Sowieso-Alles-Besser-Kann!
    (Der Motor der Minderwertigkeitskomplexe sagt Ade.)

Anstatt Schlechtes zu reden, möchte ich lieber ein Klatschweib nach der Definition 2 c) sein: Durch Klatschen seine Zustimmung, Begeisterung ausdrücken; applaudieren.

Ich applaudiere an dieser Stelle bewusst für andere Frauen: meine Mutter, meine Töchter, meine Schwestern, meine Freundinnen, Arbeitskolleginnen, Nachbarinnen und verneige mich vor ihren Fähigkeiten.

So klatsche ich nämlich am liebsten. Und wie klatschst du?



„Die Menschen haben es gelernt, wilde Tiere, Vögel, Schlangen und Fische zu zähmen und unter ihre Gewalt zu bringen. Aber seine Zunge kann kein Mensch zähmen. Ungebändigt verbreitet sie ihr tödliches Gift. Mit unserer Zunge loben wir Gott, unseren Herrn und Vater, und mit derselben Zunge verfluchen wir unsere Mitmenschen, die doch nach Gottes Ebenbild geschaffen sind. Segen und Fluch kommen aus ein und demselben Mund. Aber genau das darf nicht sein! Fliesst denn aus einer Quelle gleichzeitig frisches und ungeniessbares Wasser?“

Die Bibel in Jakobus 3, 7-10

Photo by Ben White on Unsplash

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Die Vogelbeerdigung

Photo by Zoya Loonohod on Unsplash
English Version below

Heute will ich gemeinsam mit den Kindern den Hamsterkäfig reinigen. Nachdem wir alles ausgebreitet haben, entdecken wir neben der Fensterscheibe eine kleine Kohlmeise, die mit gebrochenem Genick mausetot im Gras liegt.

Meine fast Sechsjährige ist am Boden zerstört. Sie steht zehn Minuten am Fenster und heult: „Vögeli… Vögeli… Vögeli…“ und lässt sich durch nichts beruhigen.

Inspiriert von einem Buch, das ich kürzlich gelesen habe (wohlgemerkt: es war ein Roman und kein Ratgeber), lesen wir den Vogel vorsichtig auf, pilgern an den zahlreichen Haufen vorbei, die die Nachbarskatzen hinterlassen haben, und betten den Vogel im Kompost zur letzten Ruhe. Den gebrochenen Körper umrahmen wir mit zwei Blümelein und den Vogelzeichnungen, die die Kinder extra anfertigen.

Wir sprechen ein Gebet, sagen ein paar nette Dinge über den armen, schönen Vogel und singen inbrünstig: „Alle Vögel sind schon da“ und „So nimm denn meine Hände“. Dann rezitieren wir einen Bibelvers über Spatzen und erörtern die essenzielle Frage: „Warum müssen wir sterben?“

Anschliessend widmen sich die Kinder wieder ihrem Spiel und der Kessel ist geflickt. Ich putze den Hamster-Käfig fertig und frage mich kurz, was hier los sein wird, wenn dieses geliebte Haustier mal das Zeitliche segnet…

„Welchen Wert hat schon ein Spatz? Man kann zwei von ihnen für einen Spottpreis kaufen. Trotzdem fällt keiner tot zur Erde, ohne dass euer Vater davon weiss. Bei euch sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt. Darum habt keine Angst! Ihr seid Gott mehr wert als ein ganzer Spatzenschwarm.“
Matthäus 10 29-31

Today, I want to clean the hamster cage together with my kids. After we have prepared everything we spot a dead bird in the grass. It probably flew into the window and broke its neck.
My almost six-year-old stands at the window and sobs uncontrollably: “Birdie … birdie … birdie …” For about ten minutes she can’t be comforted.

Inspired by a book I read recently (it should be noted that it was a novel and not a how-to-book) we take the birdie gently into our hands, navigate ourselves along the numerous piles of neighbour cat’s poop to the compost where we prepare the animal’s last bed. We frame the broken body with two flowers. The kids draw something for the bird.

We say a prayer and some nice things about that poor little fellow and sing two wonderful songs. We recite a bible verse about sparrows and discuss an essential question: “Why do we have to die?”


After that the kids go back to play and I go back and clean the hamster cage. Wondering briefly what will happen when that beloved pet is going to depart from this life….

“Are not two sparrows sold for a penny? Yet not one of them will fall to the ground apart from the will of your Father. And even the very hairs of your head are all numbered. So don’t be afraid; you are worth more than many sparrows.”

Matthew 10, 29-31

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Blog Life

Achtung! Einbrecher!

Es ist 10 Uhr morgens. Die Türglocke bimmelt. Aus dem Spiel mit meinen Kindern aufgeschreckt, eile ich zur Tür und öffne sie.

Draussen steht ein junger Mann. Dicke Jacke, langer rotbrauner Pferdeschwanz, dezenter Nasenring, umwerfend sympathisches Lächeln, schwarze Mappe unterm Arm.

Was kommt jetzt?, frage ich mich. Putzmittel? Panda-Patenschaft? Perfekte Religion? Als könne er Gedanken lesen, sagt er hastig: „Ich verkaufe nichts.“

Er weist sich als Angestellter einer Sicherheitsfirma aus. Beratungen zur Einbruchsicherheit. Denn es ist ja November – sprich Einbruchzeit. Mit einem Papier wedelt er vor meiner Nase herum: Unser Quartier ist mit Rotstift als besonders einbrecherfreundlich gekennzeichnet. Kann man auch online nachschauen, sagt er, auf der Webseite des Bundesamts für Irgendwas.

Macht mich auch gleich auf zwei Dinge im Eingangsbereich aufmerksam, die auf Einbrecher einladend wirken, sollte es sie nach unserer Residenz gelüsten. „Nur 100 Franken … nicht dass sie nachher sagen, hätte ich doch nur …“ Er verstehe ja, wenn man Angst hätte, mit zwei kleinen Kindern zu Hause, da ist ja ein Sicherheitsbedürfnis da. Ob er mit mir einen Termin ausmachen könne …

Bei seinen Worten klingt eine Saite in mir an, mein Mutterinstinkt meldet sich. Wenn ich nachts erwache und meine schlafverwirrten Gedanken mit meiner dramatischen Fantasie Tango tanzen. Ein Irrer schleicht in unser Haus, beraubt mich meiner Würde, meiner Familie. So liest man es ja auch täglich in den Medien.

Erinnere mich an die Panikattacke, als ich in einer der kriminellsten Städte Afrikas umherirrte – im Dunkeln. Jung, weiblich, weiss und allein.

Die nackte Angst, als ich dreimal am Bett eines Familienangehörigen stand – in der Intensivstation, Überlebenschancen nicht garantiert.

Sammle in Gedanken wieder meine schreiende Tochter am Ende der Treppe auf, weil sie mitsamt dem Sicherheitsgitter die Kellertreppe runtersurfte und kopfüber in die Holztür donnerte.

Die Paranoia, als in der Stadt unser Nachbarhaus lichterloh brannte. Angst wohnt gleich um die Ecke.

Ich schaue dem Mann ruhig ins Gesicht, sage ihm fest: Toll, dass es eine Firma wie seine gibt. Dass seine Arbeit unglaublich wichtig ist. Dass ich versuche, wenig leichtsinnig zu sein. Und dass ich ihm viel Erfolg wünsche …

Danke, lächelt er mich umwerfend sympathisch an. Erfolg hat er. Es gibt viele, die mitmachen, sein Terminkalender überquillt. Glaube ich ihm gern. Er winkt mir zu und stiehlt sich davon.

Im Stillen entschliesse ich mich dazu, mein Bargeld ab sofort im Garten draussen zu vergraben – zwischen den beiden Komposthaufen – gut zu finden, sollte ich es brauchen. Auch das Schild „Einbrecher, bitte hier rein!“, schraube ich von der Haustür ab. Meinen Laptop lege ich ab sofort jeden Abend ins WC-Schränkchen und mein Smartphone lade ich nur noch an der Steckdose im Kühlschrank auf.

Aber eins werde ich nicht tun: Ich werde meine Knie nicht vor der Angst beugen. Niemals.

 

Was sagt eigentlich die Bibel über Angst?

„Ich kann beruhigt einschlafen und am Morgen in Sicherheit erwachen, denn der HERR beschützt mich. Ich fürchte mich nicht vor meinen Feinden, auch wenn sie mich zu Tausenden umzingeln.
HERR, von dir kommt Rettung und Hilfe.“ Psalm 3, 6-7 und 9a (HfA)

 

Photo by W A T A R I on Unsplash

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Aktuell Books

Die Kreuzträgerin – Heldendämmerung

Coming soon!

Action, Dramatik und Romantik

Das europäische System des 22. Jahrhunderts hat sich Toleranz und Freiheit auf die Flagge geschrieben. Doch stattdessen herrschen Unterdrückung und Armut. Die Bevölkerung seufzt unter der eisernen Faust des Diktators Demokrit Magellan. Anna Tanner, einstige Studentin des Systems, wagt aus dem Exil im Norden den Versuch, nach Mitteleuropa zurückzukehren. Dort steht sie auf der Todesliste des Regimes, weil sie sich öffentlich gegen den Diktator starkgemacht hat. Als finnische Spionin lässt sie sich in der Grenzstadt nieder, um – gemeinsam mit ihren Freunden – Aufständischen zur Flucht zu verhelfen. Anna wird hautnah mit der Not der Menschen konfrontiert. Wie kann sie ihnen Hoffnung geben?

Derweil formiert sich der Widerstand, im Untergrund brodelt es. Die undurchsichtige Organisation der „Schwarzen Rächer“ buhlt um Annas Aufmerksamkeit. Sie soll als Volksheldin die Rebellen zum Sieg gegen Demokrit Magellan anführen. Doch wem kann Anna trauen? Adonis, ihre erste grosse Liebe, verfolgt seine eigenen dunklen Ziele. Und die Macht an sich ist ein trügerischer Freund.

Jetzt vorbestellen!

Die Kreuzträgerin – Heldendämmerung

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Aktuell Alltag Blog Books Life

Gibt es einen Band 3? – Bittersüße Schokolade!

Immer wieder ereilt mich die Anfrage, ob ich Annas, Kephas‘ und Adonis‘ Geschichte weitererzählen werde. Und hier teile ich mich, dass Band 3…

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Blog Life Reise

Warum Holländisch?

„Warum wurde dein Buch ausgerechnet auf Holländisch übersetzt?“, ist eine Frage, die ich schon oft gehört habe.

Mein erstes Buch „Die Kreuzträgerin“ heisst auf Holländisch „De Kruisdraagster“. Als ich vom Schreiben träumte, hätte ich mir niemals auszumalen gewagt, dass mein Buch von Menschen gelesen wird, deren gesprochene Sprache ich nicht verstehe.

Nun gut, ein bisschen ist sie ja schon zu verstehen, diese Sprache, die so familiär in den Ohren klingt, von der man aber, wenn man etwas genauer hinhört, den Sinn trotzdem nicht erfasst.

Ich durfte die Niederlande schon viermal besuchen. Ich hab eine einheimische Freundin dort, die ich in Kenia kennen gelernt habe und eine Schweizer Freundin, die einen Holländer geheiratet hat und nun auch in dem Land wohnt, deren höchste natürliche Erhebung 300 Metern über Meer liegt.

Sie waren immer sehr abenteuerlich, diese Reisen ins Land der Toleranz und der landschaftlichen Weite. Es ist schon zehn Jahre her, als ich mit einer Freundin am Samstagmorgen die Taschen packte, mit dem Auto los düste, eine Hardcore-Sightseeing-Tour veranstaltete und am Sonntagabend spät wieder nach Hause zurückkehrte, um am Montag wieder arbeiten zu gehen. (Und nein, ich will keine Sprüche über Benzinverschwendung hören. Diese Geschichte erzähl ich noch meinen Grosskindern. Sie bleibt unvergessen unter dem Titel: „Das Wochenende, an dem wir nach Holland düsten.“)

So apart die Sprache ist („Zwiebel“ heisst z.B. „ui“) so herzlich und offenherzig sind die Menschen. Sie sind direkt, geradeaus, ehrlich, klar, wie der Himmel über dem Meer, das sie sich mit Dämmen vom Hals halten. Wenn ich die Augen schliesse, sehe ich immer noch so weit das Auge reicht: Das Weideland, die Pappeln, die Windräder zur Stromgewinnung. Für uns Schweizer, die in engen Tälern und Bergen eingesperrt sind, entfaltet sich ein fremder und doch so wundervoller Anblick. Das Land des Wassers und des Windes. Das Land der majestätischen, königlichen Bauten und den Häusern aus dunkelbraunem Backstein.

Aber um nun die Frage zu beantworten, weshalb mein Buch auf Holländisch übersetzt wurde: Mein Verlag setzte sich dafür ein, dass ein holländischer Verlag mein Manuskript liest. Die meisten Niederländer sind der deutschen Sprache mächtig. Deshalb konnten sie es auf Deutsch prüfen und bewilligen. Was zu meiner grossen Freude geschehen ist.

„Warum übersetzen sie dein Buch denn nicht auf Englisch?“, fragt mich immer mal jemand. Ich glaube, weil meinen Träumen zuerst noch grössere Hoffnungsflügel wachsen müssen. Und weil ich noch niemals in England war.